Christian Stamm, Hofgärtner, 1846 - 1917
D
Christian Stamm, sein Vermächtnis Christian Stamm beschenkte die Schule Schleitheim mit Anschauungobjekten aus Ägypten. Noch vorhandenen sind das Krokodil und die Kindermumie in ihrem Sarg.
Ein besonderes Geschenk war die Mumie eines Kleinkindes in seinem Sargkistchen. Die Ägyptologin Renate Siegmann beschäftigte sich mit Sarg und Kind, die Spezialisten Thomas Böni / Frank Rühli röntgten die Mumie. Hier ihre Berichte: Sarg und Mumie eines anonymen ägyptischen Kleinkindes Das Kind liegt in einem Holzkistchen, das wie ein Flickenteppich aus unterschiedlich grossen, sorgfältig geglätteten Holzbrettern gefertigt ist, die mit Dübeln zusammengehalten werden. Über die Fugen ist Nilschlamm gestrichen. Der Deckel ist verloren. Der kleine Körper ist in grobe Leinenbinden gewickelt, die mit einer bräunlichen Flüssigkeit, Bitumen und/oder Harzen, getränkt sind. Darunter sind weitere Textilien zur Aufpolsterung erkennbar, um ein möglichst natürliches Aussehen zu erreichen. Für den Kopf verwendete man feineres Leinen, über die Stirn verläuft ein goldenes Band (Gold gilt als Symbol der Götter) als Kennzeichen der Vergöttlichung des/der Verstorbenen. Altersbestimmung Die naturwissenschaftliche Altersbestimmung (AMS 14-C Methode) von Leinenbinden und Holz des Sarges wurde am Institut für Teilchenphysik der ETH Zürich durchgeführt. Die Graphik zeigt die etwa gleiche Zeitspanne für die Fertigung von Sarg und Leinenbinden, so dass angenommen werden kann, dass der Sarg eigens für das verstorbene Kind hergestellt worden ist, Kind und Sarg also zusammengehören. Die Bandbreite beider Radiocarbonalter ist relativ gross (390 - 90 v.Chr). Die Aufmachung des Kindes kann den Zeitrahmen weiter einengen: "vergoldete Kinder" sind ein Kennzeichen der Ptolemäerherrschaft (320 - 30 v.Chr.), der Nachfolger Alexander des Grossen auf dem Pharaonenthron. Dementsprechend muss das Kind zwischen 3. und 1. Jh. v.Chr. auf die Welt gekommen sein. Herkunft Auf der Mumie und an den Schmalseiten des Sarges ist ein rotes Siegel angebracht mit folgender Inschrift: MUSEE EGYPTIEN; SERVICE DE CONSERVATION DES ANTIQUITES DE L'EGYPTE Der "Service des Antiquités de l'Egypte" wurde 1835 gegründet mit dem Ziel, Plünderungen der archäologischen Schätze zu verhindern und die gegrabenen Antiquitäten zu inventarisieren. 1858 eröffnete der französische Archäologe Auguste Mariette das erste ägyptische Museum im Stadtteil Boulaq (Kairo), nach einer Überschwemmung wurde die Sammlung 1890 in einen Anbau des Giza Palastes von Ismail Pascha überführt, in dessen Diensten Christian Stamm gestanden hatte und wo sie bis zur Eröffnung des weltberühmte Ägyptischen Museums Kairo im Jahr 1902 verblieben. Damals (wie bis heute) häuften sich die Funde in immer zu knappen Räumlichkeiten. So unterhielt das Museum noch bis in die 20-ger Jahre des 20. Jh., einen Museumsshop, in dem überschüssige Antiquitäten legal zum Kauf angeboten wurden. Grösste Faszination übten dabei Mumien mit ihren Särgen aus. Ob Christian Stamm seine Kinderbestattung beim "Service des Antiquités" gekauft hat oder wegen seiner Verdienste am königlichen Hof geschenkt bekam, ist nicht bekannt. Dem Trend der Zeit folgend, hat er zu Beginn des 20. Jh. seinem Heimatort Schleitheim diese berührende Hinterlassenschaft aus dem alten Ägypten vermacht. Kleinkinderbestattungen Im alten Ägypten erfuhren Kleinkinder dieselbe Wertschätzung wie erwachsene Mitglieder einer Gemeinschaft. Sie hatten das Anrecht auf eine ihrem Status angemessene Grabausstattung und waren in die rituellen Kulthandlungen, die ein Weiterleben im Jenseits garantieren sollten, eingebunden. Trotz des oft geringen Aufwandes zeugt jede Bestattung von der liebevollen und sorgfältigen Fürsorge für das verstorbene Kind durch die Familie. Von der Prähistorie bis zum Ende des Neuen Reiches (ca. 3500 v.Chr. - etwa 1000 v.Chr.) wurden Kleinkinder entweder zusammen mit ihren Familienangehörigen in Gräbern der Nekropole beigesetzt oder in eigenen Kinderfriedhöfen bestattet. In der Spätzeit, der Herrschaft von Ptolemäern und Römern über Ägypten, waren Sarg und Mumie weiterhin ein fester Bestandteil der Bestattungstradition, um sich das Weiterleben nach dem Tod zu sichern. Die Anlage eines Grabes wurde dagegen weitgehend aufgegeben. Die Särge von Familenclans bzw. Berufsgilden wurden nun in unterirdischen, undekorierten Kammern und Korridoren des Nekropolengebietes angehäuft. Im 19. Jh. räumten Archäologen Massen dieser Sargdepots aus, ohne sich um den Fundkontext zu kümmern. Die Fülle der Funde ging ohne detaillierte Angaben ihrer Herkunft über den Antikenmarkt an die europäischen Händler und Käufer oder gelangten in das Museum von Kairo, wo sie, falls nicht einzigartig, für den Verkauf freigegeben wurden. Der soziale Status des Kindes - Ewiges Leben Keine Inschrift gibt Auskunft über den Namen des Kindes, seine Herkunft und den Status der Familie, Fundort und Fundzusammenhang sind unbekannt. Sicher ist, dass nur eine relativ dünne, wohlhabende Bevölkerungsschicht sich die aufwendige Mumifizierung überhaupt leisten konnte. Das Kind in seinem Sarg ist ein eindrückliches Zeugnis der altägyptischen Kultur, Sinnbild für das Weiterleben im Jenseits: der einbalsamierte, in Binden gewickelte Körper ist der Ort, den die Seele, die tags in Gestalt eines Vogels mit dem Sonnengott über den Himmel streift, nachts aufsucht, um in der Vereinigung von Körper und Seele die Einheit des Individuums wieder herzustellen. Als eine der ersten Hochkulturen haben sich die alten Ägypter intensiv mit den Kernfragen des Menschseins auseinander gesetzt und - was die Einstellung zum Tod und den Glauben an ein ewiges Leben betrifft - Antworten formuliert, die auch heute nichts von ihrer Aktualität verloren haben. Masse: Holzkiste: L 90 cm; H o 23 cm/u 21 cm; B o 31 cm/u 28 cm. Mumie: L 76 cm. Greifensee, im Januar 2011 Renate Siegmann M.A., Ägyptologin Literatur Küffer, Alexandra/Siegmann Renate. Unter dem Schutz der Himmelsgöttin. Ägyptische Särge, Mumien und Masken in der Schweiz. Chronos Verlag. Zürich 2007. Merheb, Caroline. Die Kinderbestattungen in Elephantine. Untersuchungen zu Kleinkinderbestattungen aus der Siedlung und vom Friedhof von Elephantine. Kairo (in Vorbereitung) Konventionelle Röntgenuntersuchung der Kindermumie des Museums Schleitheim Orthopädische Universitätsklinik Balgrist Zürich, 10.8.06 Thomas Böni / Frank Rühli 1. Frühere Untersuchungen: Es ist nicht bekannt, dass diese Mumie vorgängig untersucht wurde und es liegen keine Berichte vor. 2. Sichtbare Befunde: Die Kindermumie ist vollständig eingewickelt. Im Bereich des Halses findet sich deutliche Rissbildung der Bandagen. Der Kopf ist nach links geneigt und stark nach vorne gebogen. Ein zusätzlicher Bandagendefekt findet sich im rechten Unterbauch. 3. Bildgebende Verfahren: Es findet sich ein vollständig angelegtes Milchgebiss. Aufgrund der Überlagerungen ist der Zahnstatus nicht einwandfrei beurteilbar, man vermutet einen Zahnverlust des rechten oberen Eckzahnes sowie der Anlage des linken oberen zweiten Mahlzahns. Eine gesichtsförmige weichteildichte Masse ist dem Schädel vorgelagert (unregelmässige Struktur; Rekonstruktion mittels Bandagen nach dem Tod wohl wahrscheinlicher als vom Knochen abgelöste Weichteile und Bandagen). In der hinteren Schädelgrube finden sich Einbalsamierungssubstanzen sowie knochendichte Strukturen (nach dem Tod verlagerte Wirbel und Rippen). Die Halswirbelsäule ist gebrochen und massiv brustwärts verlagert (v.a. untere Halswirbelsäule). Der gesamte Brust-, Bauch- sowie Beckenraum zeigt eine anatomisch massiv gestörte Anordnung des Knochenverbandes (Verlagerung von Rippen, Wirbel, Beckenschaufeln etc). Die Arme sind gestreckt, dem Körper seitlich anliegend gelagert. Es finden sich keine Zeichen knöcherner Wachstumsstörungen (sog. Harris-Lines). Im rechten Knie ist die Wachstumszone (Epiphyse) aus dem anatomischen Verband losgelöst und verdreht. Beim linken Vorderarm ist der anatomische Verbund ebenfalls gestört (Elle und Speiche weichen handwärts auseinander). Es sind keine Organpakete sichtbar. Aufgrund der Zahnentwicklung und der Entwicklung der langen Röhrenknochen kann ein Individualalter von ca. 2 Jahren angenommen werden. Die Knochenreife ist in diesem Alter kaum geschlechtsabhängig. Geschlechtsorgane kommen nicht zur Darstellung und die Geschlechtsdifferenzierung im Knochenbau bei Kindern dieses Alters ist noch wenig ausgeprägt. Es finden sich keine krankhaften Veränderungen an den Knochen. Jedoch findet sich eine massive Störung des anatomischen Verbandes insbesondere im Bereich der Wirbelsäule, des Brust- und Beckenraumes, des rechten Kniegelenkes sowie des linken Vorderarmes, vermutlich nach dem Tod entstanden. Die unmittelbare Todesursache ist nicht erkennbar. Als modernen Artefakt findet sich ein röntgendichter kreisförmiger Siegel (Durchmesser 4 cm) im Bereich des rechten Unterschenkels am fusswärtigen Ende.
Kindermumie mit Siegel vom MUSEE EGYPTIEN; SERVICE DE CONSERVATION DES ANTIQUITES DE L'EGYPTE
Röntgenbilder der Mumie
Christian Stamm
Christian Stamm, sein Vermächtnis Christian Stamm beschenkte die Schule Schleitheim mit Anschauungobjekten aus Ägypten. Noch vorhandenen sind das Krokodil und die Kindermumie in ihrem Sarg.
Ein besonderes Geschenk war die Mumie eines Kleinkindes in seinem Sargkistchen. Die Ägyptologin Renate Siegmann beschäftigte sich mit Sarg und Kind, die Spezialisten Thomas Böni / Frank Rühli röntgten die Mumie. Hier ihre Berichte: Sarg und Mumie eines anonymen ägyptischen Kleinkindes Das Kind liegt in einem Holzkistchen, das wie ein Flickenteppich aus unterschiedlich grossen, sorgfältig geglätteten Holzbrettern gefertigt ist, die mit Dübeln zusammengehalten werden. Über die Fugen ist Nilschlamm gestrichen. Der Deckel ist verloren. Der kleine Körper ist in grobe Leinenbinden gewickelt, die mit einer bräunlichen Flüssigkeit, Bitumen und/oder Harzen, getränkt sind. Darunter sind weitere Textilien zur Aufpolsterung erkennbar, um ein möglichst natürliches Aussehen zu erreichen. Für den Kopf verwendete man feineres Leinen, über die Stirn verläuft ein goldenes Band (Gold gilt als Symbol der Götter) als Kennzeichen der Vergöttlichung des/der Verstorbenen. Altersbestimmung Die naturwissenschaftliche Altersbestimmung (AMS 14-C Methode) von Leinenbinden und Holz des Sarges wurde am Institut für Teilchenphysik der ETH Zürich durchgeführt. Die Graphik zeigt die etwa gleiche Zeitspanne für die Fertigung von Sarg und Leinenbinden, so dass angenommen werden kann, dass der Sarg eigens für das verstorbene Kind hergestellt worden ist, Kind und Sarg also zusammengehören. Die Bandbreite beider Radiocarbonalter ist relativ gross (390 - 90 v.Chr). Die Aufmachung des Kindes kann den Zeitrahmen weiter einengen: "vergoldete Kinder" sind ein Kennzeichen der Ptolemäerherrschaft (320 - 30 v.Chr.), der Nachfolger Alexander des Grossen auf dem Pharaonenthron. Dementsprechend muss das Kind zwischen 3. und 1. Jh. v.Chr. auf die Welt gekommen sein. Herkunft Auf der Mumie und an den Schmalseiten des Sarges ist ein rotes Siegel angebracht mit folgender Inschrift: MUSEE EGYPTIEN; SERVICE DE CONSERVATION DES ANTIQUITES DE L'EGYPTE Der "Service des Antiquités de l'Egypte" wurde 1835 gegründet mit dem Ziel, Plünderungen der archäologischen Schätze zu verhindern und die gegrabenen Antiquitäten zu inventarisieren. 1858 eröffnete der französische Archäologe Auguste Mariette das erste ägyptische Museum im Stadtteil Boulaq (Kairo), nach einer Überschwemmung wurde die Sammlung 1890 in einen Anbau des Giza Palastes von Ismail Pascha überführt, in dessen Diensten Christian Stamm gestanden hatte und wo sie bis zur Eröffnung des weltberühmte Ägyptischen Museums Kairo im Jahr 1902 verblieben. Damals (wie bis heute) häuften sich die Funde in immer zu knappen Räumlichkeiten. So unterhielt das Museum noch bis in die 20-ger Jahre des 20. Jh., einen Museumsshop, in dem überschüssige Antiquitäten legal zum Kauf angeboten wurden. Grösste Faszination übten dabei Mumien mit ihren Särgen aus. Ob Christian Stamm seine Kinderbestattung beim "Service des Antiquités" gekauft hat oder wegen seiner Verdienste am königlichen Hof geschenkt bekam, ist nicht bekannt. Dem Trend der Zeit folgend, hat er zu Beginn des 20. Jh. seinem Heimatort Schleitheim diese berührende Hinterlassenschaft aus dem alten Ägypten vermacht. Kleinkinderbestattungen Im alten Ägypten erfuhren Kleinkinder dieselbe Wertschätzung wie erwachsene Mitglieder einer Gemeinschaft. Sie hatten das Anrecht auf eine ihrem Status angemessene Grabausstattung und waren in die rituellen Kulthandlungen, die ein Weiterleben im Jenseits garantieren sollten, eingebunden. Trotz des oft geringen Aufwandes zeugt jede Bestattung von der liebevollen und sorgfältigen Fürsorge für das verstorbene Kind durch die Familie. Von der Prähistorie bis zum Ende des Neuen Reiches (ca. 3500 v.Chr. - etwa 1000 v.Chr.) wurden Kleinkinder entweder zusammen mit ihren Familienangehörigen in Gräbern der Nekropole beigesetzt oder in eigenen Kinderfriedhöfen bestattet. In der Spätzeit, der Herrschaft von Ptolemäern und Römern über Ägypten, waren Sarg und Mumie weiterhin ein fester Bestandteil der Bestattungstradition, um sich das Weiterleben nach dem Tod zu sichern. Die Anlage eines Grabes wurde dagegen weitgehend aufgegeben. Die Särge von Familenclans bzw. Berufsgilden wurden nun in unterirdischen, undekorierten Kammern und Korridoren des Nekropolengebietes angehäuft. Im 19. Jh. räumten Archäologen Massen dieser Sargdepots aus, ohne sich um den Fundkontext zu kümmern. Die Fülle der Funde ging ohne detaillierte Angaben ihrer Herkunft über den Antikenmarkt an die europäischen Händler und Käufer oder gelangten in das Museum von Kairo, wo sie, falls nicht einzigartig, für den Verkauf freigegeben wurden. Der soziale Status des Kindes - Ewiges Leben Keine Inschrift gibt Auskunft über den Namen des Kindes, seine Herkunft und den Status der Familie, Fundort und Fundzusammenhang sind unbekannt. Sicher ist, dass nur eine relativ dünne, wohlhabende Bevölkerungsschicht sich die aufwendige Mumifizierung überhaupt leisten konnte. Das Kind in seinem Sarg ist ein eindrückliches Zeugnis der altägyptischen Kultur, Sinnbild für das Weiterleben im Jenseits: der einbalsamierte, in Binden gewickelte Körper ist der Ort, den die Seele, die tags in Gestalt eines Vogels mit dem Sonnengott über den Himmel streift, nachts aufsucht, um in der Vereinigung von Körper und Seele die Einheit des Individuums wieder herzustellen. Als eine der ersten Hochkulturen haben sich die alten Ägypter intensiv mit den Kernfragen des Menschseins auseinander gesetzt und - was die Einstellung zum Tod und den Glauben an ein ewiges Leben betrifft - Antworten formuliert, die auch heute nichts von ihrer Aktualität verloren haben. Masse: Holzkiste: L 90 cm; H o 23 cm/u 21 cm; B o 31 cm/u 28 cm. Mumie: L 76 cm. Greifensee, im Januar 2011 Renate Siegmann M.A., Ägyptologin Literatur Küffer, Alexandra/Siegmann Renate. Unter dem Schutz der Himmelsgöttin. Ägyptische Särge, Mumien und Masken in der Schweiz. Chronos Verlag. Zürich 2007. Merheb, Caroline. Die Kinderbestattungen in Elephantine. Untersuchungen zu Kleinkinderbestattungen aus der Siedlung und vom Friedhof von Elephantine. Kairo (in Vorbereitung) Konventionelle Röntgenuntersuchung der Kindermumie des Museums Schleitheim Orthopädische Universitätsklinik Balgrist Zürich, 10.8.06 Thomas Böni / Frank Rühli 1. Frühere Untersuchungen: Es ist nicht bekannt, dass diese Mumie vorgängig untersucht wurde und es liegen keine Berichte vor. 2. Sichtbare Befunde: Die Kindermumie ist vollständig eingewickelt. Im Bereich des Halses findet sich deutliche Rissbildung der Bandagen. Der Kopf ist nach links geneigt und stark nach vorne gebogen. Ein zusätzlicher Bandagendefekt findet sich im rechten Unterbauch. 3. Bildgebende Verfahren: Es findet sich ein vollständig angelegtes Milchgebiss. Aufgrund der Überlagerungen ist der Zahnstatus nicht einwandfrei beurteilbar, man vermutet einen Zahnverlust des rechten oberen Eckzahnes sowie der Anlage des linken oberen zweiten Mahlzahns. Eine gesichtsförmige weichteildichte Masse ist dem Schädel vorgelagert (unregelmässige Struktur; Rekonstruktion mittels Bandagen nach dem Tod wohl wahrscheinlicher als vom Knochen abgelöste Weichteile und Bandagen). In der hinteren Schädelgrube finden sich Einbalsamierungssubstanzen sowie knochendichte Strukturen (nach dem Tod verlagerte Wirbel und Rippen). Die Halswirbelsäule ist gebrochen und massiv brustwärts verlagert (v.a. untere Halswirbelsäule). Der gesamte Brust-, Bauch- sowie Beckenraum zeigt eine anatomisch massiv gestörte Anordnung des Knochenverbandes (Verlagerung von Rippen, Wirbel, Beckenschaufeln etc). Die Arme sind gestreckt, dem Körper seitlich anliegend gelagert. Es finden sich keine Zeichen knöcherner Wachstumsstörungen (sog. Harris-Lines). Im rechten Knie ist die Wachstumszone (Epiphyse) aus dem anatomischen Verband losgelöst und verdreht. Beim linken Vorderarm ist der anatomische Verbund ebenfalls gestört (Elle und Speiche weichen handwärts auseinander). Es sind keine Organpakete sichtbar. Aufgrund der Zahnentwicklung und der Entwicklung der langen Röhrenknochen kann ein Individualalter von ca. 2 Jahren angenommen werden. Die Knochenreife ist in diesem Alter kaum geschlechtsabhängig. Geschlechtsorgane kommen nicht zur Darstellung und die Geschlechtsdifferenzierung im Knochenbau bei Kindern dieses Alters ist noch wenig ausgeprägt. Es finden sich keine krankhaften Veränderungen an den Knochen. Jedoch findet sich eine massive Störung des anatomischen Verbandes insbesondere im Bereich der Wirbelsäule, des Brust- und Beckenraumes, des rechten Kniegelenkes sowie des linken Vorderarmes, vermutlich nach dem Tod entstanden. Die unmittelbare Todesursache ist nicht erkennbar. Als modernen Artefakt findet sich ein röntgendichter kreisförmiger Siegel (Durchmesser 4 cm) im Bereich des rechten Unterschenkels am fusswärtigen Ende.
Kindermumie mit Siegel vom MUSEE EGYPTIEN; SERVICE DE CONSERVATION DES ANTIQUITES DE L'EGYPTE